Lüdenscheider Köpfe im Blattwerk

Am Wendeplatz der Corneliusstraße blickt Emmy vom Hofe die Passanten mit wachen Augen an. Foto: Wolfgang Teipel

Porträts im Blattwerk – Lüdenscheider Köpfe mit Aus- und Weitblick begleiten die LichtRouten 2018. Ein Kollektiv hat Fotos von vier Lüdenscheidern aus den Archiven gekramt, um sie aus Anlass den 750. Stadtjubiläum zu zeigen.

Darunter befindet sich auch ein Porträt von Emmy vom Hofe. Sie schaut Passanten am Wendeplatz am Ende der Corneliusstraße mit wachen Augen an.

Wer war diese Frau? Eigentlich hätte sie als Bildhauerin eine der ganz Großen werden können. Das Werk der in Lüdenscheid geborenen Künstlerin (1883 – 1964) wurde aber Zeit ihres Lebens verkannt.

Emmy vom Hofe Emmy wurde als jüngste Tochter des Knopffabrikanten Fritz vom Hofe und seiner Frau Julie geboren. Die Familie ermöglicht ab 1908 ihr eine künstlerische Ausbildung.

Anerkennung verweigert

Fachkreise waren von ihren Arbeiten begeistert. Gemeinsam mit Ernst Barlach, Georg Kolbe, Max Liebermann, Max Slevogt oder Käthe Kollwitz zählte sie damals zur Avantgarde.

Die Gesellschaft verweigert ihr jedoch die Anerkennung. Eines der drei Werke, die noch existieren, steht auf dem evangelischen Friedhof: Eine nackte Frau als Relief. Die Darstellung führte 1910 zu Protesten in der Lüdenscheider Bevölkerung. Eine weitere Arbeit, eine Büste von Fritz Feldges, einen Onkel der Bildhauerin, ist seit 2008 im Besitz der Städtischen galerie Lüdenscheid.

Kein Wort über die Vergangenheit

Zermürbt von der fehlenden Anerkennung und vom Ersten Weltkrieg gab Emmy vom Hofe 1921 ihr Atelier in Berlin auf. Dann zog sie nach Düsseldorf und lebte dort gemeinsam mit ihrer Freundin Gerda Rehder. Die Kunst spielte bis zu ihrem Tod keine Rolle mehr. Sie verlor kein Wort über ihre Vergangenheit, die hätte ganz anders verlaufen können.

Ein Name mit gutem Klang

Ein weiteres Porträt am Kulturhaus Ida Gerhardi. Wer war diese Frau? Der Name Ida Gerhardi hat in Westfalen und insbesondere in Lüdenscheid einen guten Klang. Hier ein Steckbrief.

Familie: Idas Vater, der Hagener Arzt August Gerhardi, stirbt 1896. Da ist Ida gerade sieben Jahre alt. Mutter Mathilde siedelt mit Sohn Karl August und der neugeborenen Lilly nach Detmold um. Hier lebt die Familie bei Verwandten. Für Ida wird die Mutter später zum Problemfall. Sie wird depressiv und bereitet der Malerin große Sorgen. Zu ihrem Bruder hält sie immer Kontakt und zieht 1912 ins Haus seiner Familie in Lüdenscheid, wo sie 1927 astirbt. Beigesetzt wurde Ida Gerhardi in Detmold.

„Wozu die ganze Welt, wenn ich nicht malte?“

Wünsche: Ida will malen und nimmt Zeichenunterricht. „Wozu die ganze Welt, wenn ich nicht malte?“ sagt sie. Sie möchte nach der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff zur zweitbekanntesten Frau in Westfalen werden. Dieser Wunsch erfüllt sich nicht.

Die Frau: „Ich möchte eine Ente sein, eine Ente, die allein schwimmt“, schreibt sie einmal. Dieses Zitat ist ein Dokument für Ida Gerhardis Streben nach Unabhängigkeit. Sie wählt den Weg in die Malerei und schreibt sich 1928 an der Münchener Damenakademie für Malerei ein. Schnell wird ihr in der bayerischen Metropole langweilig. Sie will mehr, packt ihre Koffer und geht nach Paris an die Académie Colarossi. Das Studiengeld stiftet die Hagenerin Emilie Elbers – eine Freundin von Idas Mutter.

Paris als Lebensmittelpunkt

Paris: Die französische Hauptstadt wird zum Lebensmittelpunkt der jungen Malerin. Sie lernt die deutsche Grafikerin, Malerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz kennen und zieht mit ihr durch die Clubs der sich mondän gebenden Halbwelt von Paris. Die junge Frau glaubt an sich. Sie ist fest davon überzeugt, dass es ihr gelingen wird, mit der Malerei ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Für Männer war das damals ein Kraftakt. Für Frauen nahezu ein Unding. Immerhin: Ida malt und lernt viele Künstlerinnen und Künstler kennen. „Der Kreis, in denen ich augenblicklich verkehre ist außergewöhnlich intelligent und begabt“, hält sie fest.

Kraftvolle Szenen der Großstadt

Bilder: Sie malt Porträts, stimmungsvolle Landschaftsbilder, kraftvolle Szenen der Großstadt, Szenen aus den Kneipen im Pariser Künstlerviertel, Bilder von Tänzern, alle spätimpressionistisch voller Farbenpracht. Sie lässt sich dabei unter anderem von Henri de Toulouse-Lautrec inspirieren. Wie er malt sie unmittelbar vor Ort.

Erfolg: Hin und wieder Anerkennung. Aber: „Meine Geldbörse ist leer“, klagt sie oft. Ida Gerhardi kann sich auf dem von Männern dominierten Kunstmarkt nicht durchsetzen.

Wettern gegen konservative Kulturpolitik

Ihr Leben: Ida  Gerhardi war eine mutige Frau, die sich voller Kraft ins Leben stürzte. Paris hat sie genossen. Sie wetterte aus sicherer Entfernung gegen die reaktionäre Kulturpolitik in der Kaiserzeit und gegen die Ja-Sager, die damals das Ruder übernommen hatten. „Bei uns ist man ja geradezu servil. Man wird nicht Professor, wenn man nicht tut, was der Kaiser will“, schreibt sie einmal. Später wird sie ruhiger und legt beinahe konservative Züge an den Tag.

Unkonventionelles Frauenleben

Was bleibt: Heute schätzen Kenner ihre tiefgründigen Porträts, auch die Selbstporträts mit Brille. Ihre Tanzbilder gelten als die aussagekräftigsten Werke aus der Pariser Schaffenszeit. Für viele ist sie auch eine Pionierin der Moderne. Dafür stehen ihre Bilder. Aber auch das für die Zeit um 1900 unkonventionelle Frauenleben.

Lüdenscheider LichtRouten 2018 noch bis 7. Oktober, Uhrzeiten: täglich von 19.00 bis 24.00 Uhr.  Öffentliche Führungen täglich 19.30, 20.00, 20.30 und 21.00 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Weitere Informationen unter http://LichtRouten.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert