Bewegte Bilder – bewegende Bilder

LR Max Sudhues

Max Sudhues bei der Arbeit: Rund einen Monat vor LichtRouten-Beginn ging der 36-Jährige in der Damrosch-Halle auf Motivsuche.

                                         von Wolfgang Teipel

Bewegte Bilder – bewegende Bilder: Kuno Seltmann hat keinen Abend des Internationalen Forums für Licht in Kunst und Design versäumt. Der 24-jährige Student der Medienwissenschaften war im Auftrag der LichtRouten-Leitung zuständig für die digitale Dokumentation. Geliefert hat er weitaus mehr als die bloße Dokumentation. Seine Clips sind selbst kleine Kunstwerke. Einen Vorgeschmack auf seine Arbeit gibt es hier.

Kuno Seltmann 3

Kuno Seltmann ist Student der Medienwissenschaft und hat für die LichtRouten-Leitung gefilmt.

Der kleine Ausschnitt auf www.lichtstadt-luedenscheid.de zeigt Bilder der Installation „Playground Love“ in einer der ehemaligen Damrosch-Lagerhallen an der Bahnhofsallee. Max Sudhues hat die Brache in den Tagen vor den LichtRouten für sich selbst in einen riesigen, dazu noch überdachten, Spielplatz verwandelt.

Sehen mit anderen Augen

Zehn Tage lang zeigte er das Gebäude so, wie er es gesehen hat – mit den Augen eines Künstlers eben. „Orte, die sich im Wandel befinden, begeistern mich“, sagt der gebürtige Münsteraner. Die Damrosch-Halle ist für ihn ein solcher Ort. Sie steht in einem Quartier, das sich im Umbruch befindet. Es ist der neue Standort des Deutschen Instituts für angewandte Lichttechnik (DIAL) und ebenso Standort für einen Ableger der Fachhochschule Südwestfalen – in den vergangenen Jahren hat sich hier einiges getan.

Meisterschüler von Timm Ulrichs

Mit 120 Dias, einigen Filmsequenzen, projiziert mit Overhead-Projektoren und Beamern hat er den aktuellen Stand des Verfalls der ehemaligen Holzhandlung dokumentiert. Orts- und raumbezogene Installationen sind die Spezialität des Meisterschülers von Timm Ulrichs. An der Kunstakademie in Münster holte er sich bei ihm das Rüstzeug für seine künstlerische Arbeit. Max Sudhues entwickelt seine Bilder mit verschiedenen Projektionsmethoden – von der Büroleuchte bis zum Beamer.

Dabei steht er ganz in der Tradition der Collage und kreiert bewegte Bilder und Räume. In ihnen bleiben die ursprünglichen Objekte sichtbar, werden aber verblassend dargestellt.

Kunos coole Clips

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Das passt: Die Installation „Augen“ von Dieter Kiessling in der Post und Kuno Seltmann. Er war als Auge für die LichtRouten 2013 unterwegs. Foto: Wolfgang Teipel

von Wolfgang Teipel

Lebe lieber ungewöhnlich – der Titel des rund sechsminütigenVideo-Clips, den Kuno Seltmann gedreht hat, könnte auch für das Lebensmotto des jungen Mannes stehen. Auffällige Frisur, Piercings, orange-farbene Schuhe und ein Gesamt-Outfit, das signalisiert: Hier kommt jemand, der sieht die Welt mit anderen Augen.

Das passt zunächst so gar nicht zu der nahezu amtlichen Bezeichnung für den Job, den Kuno Seltmann bei den LichtRouten 2013 übernommen hatte. Er war zuständig für die digitale Dokumentation.

Abend für Abend unterwegs

Kuno hat nicht eine Minute des Internationalen Forums für Licht in Kunst und Design vom 27. September bis 6. Oktober in Lüdenscheid versäumt. Mit kleiner Ausrüstung (Kamera und Steady Cam Schwebestativ) war er Abend für Abend unterwegs, um seine Sicht auf die 20 Installationen einzufangen. „Mehr Ausrüstung wäre eigentlich nur hinderlich“, sagt Kuno. Klar. Wer will schon zehn Tage lang bis Mitternacht mit kiloschweren Utensilien durch die Gegend laufen.

Aura der Werke das Thema

Was hat er versucht einzufangen? In seinen Filmen wird es um die Aura gehen, die die 20 Lichtkunstwerke zehn Tage lang umgeben hat. Nur Stimmung also? „Nein, die Techniken, die die Künstler verwendet haben, sind auch wichtig. Sie werden zu sehen sein.“ Details spart der junge Mann in seinen Clips aus. „Man soll nicht unbedingt sehen können, wie die Installationen funktionieren.“ Dazu kommt: Bild und Ton werden nicht in jedem Fall synchron laufen. „Das kann durchaus kontraproduktiv sein.“

Wer war der Favorit?

Die unvermeidbare Frage: Was war Kunos Favorit? Der Mann, der sich zehn Tage lang intensiv und professionell mit 20 Lichtkunstwerken auseinandergesetzt hat, kommt ins Grübeln. „Nicht so leicht zu beantworten“, sagt er. War es vielleicht die spektakuläre Installation von Detlef Hartung und Georg Trenz auf dem Allen-Haus? Kuno Seltmann lässt den Blick zurückschweifen. Dann ist alles klar: „Mein Lieblingswerk war das ‚Orchestra Inn‘ von Robert Sochacki auf dem Wiedenhof.“ Ein wenig altmodische Bilder, ruhig vorgetragen und begleitet von coolem Club-Sound. Das passt eigentlich nicht so zum Motto „Lebe lieber ungewöhnlich“. Schön bunt war’s aber auch am Wiedenhof – genauso wie Kunos Outfit. Wer den Sound hören möchte, den Robert Sochacki für seine Installation ausgwählt hatte, findet ihn hier (Lake Powell: „More or Less“).

Kuno Seltmann: Der 24-jährige Lüdenscheider studiert an der Universität Siegen Medienwissenschaft. Im Mittelpunkt des Studiums steht die Medienforschung. Der Praxisanteil beträgt etwa 30 Prozent. Es werden die Bereiche Film, Ton und Print, wahlweise auch Web abgedeckt.

Zeit für Geschichten am Rande

Am Rande

Die vielen kleinen Geschichten am Rande machen die LichtRouten so liebenswert. Die Standortbegleiter können davon eine Menge erzählen.

von Wolfgang Teipel

Es sind die kleinen Geschichten am Rande, die zeigen, wie sehr die LichtRouten zurzeit Lüdenscheid beherrschen. Mittwoch, Stadtumbaubüro an der Knapper Straße: Gerade wird die Preisrede auf die Gewinner des Architektenwettbewerbs zur Erneuerung des Lüdenscheider Kunststoffinstituts gehalten, da geht die Tür auf. „Kann ich hier einen LichtRouten-Flyer bekommen“, fragt sie in die Runde. Leichtes Kopfschütteln bei den Vertretern der Jury und den anwesenden Architekten. Die Dame zieht wieder ab.

Verdächtige Gestalten

In der Nacht zum Mittwoch: Die LichtRouten-Techniker sind unterwegs. Da erscheint ein Streifenwagen. Die Männer sind nicht gleich als Techniker auszumachen. Also Kontrolle. Alles klärt sich auf. Bedauern im Streifenwagen. Man wolle doch so gern die LichtRouten sehen, habe aber keine Gelegenheit. Kurzerhand legen Ordnungshüter und Techniker eine gemeinsame Kontrollfahrt ein. So geht’s auch.

Die Zahlenschloss-Panne

Unverhofft kommt oft. An den LichtRouten-Standorten sind Container postiert, die allerlei Gerätschaften und auch die Utensilien der Standortbegleiter aufnehmen. Einige sind durch Vorhängeschlösser gesichert. Was macht der brave Standortbegleiter? Er bezieht sein Büro auf Zeit und drückt die Schließe wieder zu. Und dann? Großes Malheur: Zahlenkombination des Schlosses vergessen. Der Code liegt bei den Unterlagen im Container. Anruf bei Charly. Er regelt alles, wenn es irgendwo eine Panne gibt. In diesem Fall hätte auch der Autor dieses Textes helfen können. Die Ziffern für den Zahlencode bezeichnen sein Geburtsdatum. So ein Zufall.

Dauergäste

Treue Fans: „Sie haben wir doch auch schon getroffen“, sagt das Ehepaar aus Oberbrügge. Der Standortbegleiter erinnert sich. Es ist bereits das vierte Mal. „Ist jetzt Schluss mit den LichtRouten?“ „Nein“, lachen beide. „Noch lange nicht.“ Sie freuen sich schon auf eine Führung am Freitag. „Da sind wir mit der Sparkasse unterwegs.“

Bis einschließlich Sonntag, 6. Oktober, läuft das Internationale Forum für Licht in Kunst und Design noch. Die 20 Installationen sind von 19.30 bis 24 Uhr zu sehen. Zeit genug für viele interessante kleine Begebenheiten am Rande.

Dark Angel fliegt über die Lichtrouten

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Der „Dark Angel“ Filiz nahm in der Altstadt seinen Flug auf. Foto: Steve Schulte-Lippern

von Wolfgang Teipel

Yves Bubert hatte nicht zu viel versprochen. Die „Dark Angel“-Performance anlässlich der LichtRouten war der erwartete Knüller. Im Gespräch klingt der Art Director des Salon Bubert professionell noch immer begeistert. „Unsere Erwartungen wurden sogar noch übertroffen“, schwärmt er.

Am Samstag wurde der „Dark Angel“ bei seinem Flug über das LichtRouten-Gelände von Menschentrauben geradezu verfolgt und vom Lüdenscheider Fotografen Steve Schulte-Lippern fotografiert. Die Performance hatte allerdings schon Stunden vorher begonnen. LichtRouten-Besucher konnten vor dem Friseursalon in der Altstadt verfolgen, wie sich Filiz Kapricen, Model, Tänzerin und Schülerin aus Köln, Schritt für Schritt in den „Dark Angel“ verwandelte. Die Metamorphose vollzog sich hinter einem Vorhang, mit dem der Salon abgedunkelt worden war. Zu sehen waren die Schattenrisse der Akteure.

Von innen beleuchtete Korsage

Ein hautenger Catsuit, eine transparente, von innen beleuchtete, Korsage aus Kunststoff und zwei mit LEDs illuminierte Flügel, bilden die Basisausstattung für diesen Abend. Dazu kommen dunkle, übergroße künstliche Wimpern und der Turm aus Haaren. Die Frisur baut Meister Yves Bubert mit Massen von Haarspray persönlich auf. Farbige LEDs vervollkommnen den Schopf der 18-jährigen Kölnerin. Dann werden vorsichtig die schwarzen Schwingen, eine Konstruktion aus Hasendraht und echten Vogelfedern, angelegt. Wenig später stöckelt der „Dark Angel“ zur Freude des Publikums los. Erst noch ein wenig unsicher. Stöckelschuhe und Kopfsteinpflaster – die ersten Schritte werden zur Belastungsprobe. Dann hat Filiz ihre Performance im Griff. Wo sie auch auftaucht –  überall sorgt sie für Aufsehen.

Entwurf von Marion Felix-Groll

Das Kostüm hat Gewandmeisterin Marion Felix-Groll entworfen und in die Tat umgesetzt. Für die kosmetischen Details war Buberts Mitarbeiterin Kathleen Lühmann zuständig. Dazu kamen weitere Helfer. „Das Zusammenspiel aller war einfach klasse“, sagt Yves Bubert.

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Die transparente Korsage wurde von innen beleuchtet. Foto: Steve Schulte-Lippern

Das Event zur Lichtkunst, für Yves Bubert war es eine perfekte Ergänzung. „Für Lüdenscheid sollte es so etwas wie eine Initialzündung sein“, hofft der Coiffeur, der bundesweit für das Kosmetikunternehmen L’Oreal unterwegs ist. „Man muss sich einbringen, um die Stadt mit Leben zu füllen. Das war erst ein Anfang“, verspricht Yves Bubert.

Überall ist Licht

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Licht, in Szene gesetzt von Experten für Experten, zog im Deutschen Institut für angewandte Lichttechnik (DIAL) das Publikum an. Foto: Jakob Salzmann

von Monika Salzmann

Mit einer „Nacht der offenen Tür“ bereicherte das Deutsche Institut für Angewandte Lichttechnik (DIAL) – Dienstleistungszentrum für  Gebäudetechnik und Licht  – am Samstag das LichtRouten-Programm.

Bei Einbruch der Dunkelheit öffnete die Lüdenscheider Forschungs- und Entwicklungsschmiede, die sich als Softwarehaus für DIALux – von Planern für Planer entwickelt -, Wissensvermittler und Dienstleister versteht, an ihrem neuen Standort Bahnhofsallee 18 ihre Pforten für die breite Öffentlichkeit.

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Das DIAL gewährte dem Publikum einen Blick hinter die Kulissen. Foto: Jakob Salzmann

Gestaltung und Technik

Führungen und Vorträge gewährten den Besuchern, die bis tief in die Nacht in den markanten, hell erleuchteten Neubau strömten, einen spannenden Einblick in zukunftsrelevante Arbeitsfelder zwischen Gestaltung und Technik. Jung und Alt, Einheimische und Auswärtige nutzten die Gelegenheit, den markanten Neubau, der ohne eine konventionelle Heizungsanlage auskommt und Gebäude-System-Design-Maßstäbe setzt, zu erkunden und sich die verschiedenen Arbeitsbereiche des Zentrums erklären zu lassen.

Ausgeklügeltes Lichtkonzept

Alle Ebenen des dreigeschossigen High-Tech-Gebäudes, Schulungsräume, Labore und Arbeitsräume für die Software-Entwicklung lernten die Besucher beim Rundgang durchs Gebäude kennen. Sowohl das innovative Architekturkonzept als auch das ausgeklügelte Lichtkonzept des Neubaus, in dem die (Nicht)Farben Schwarz und Weiß dominieren, kam zur Sprache.

„Einblicke, die man sonst nicht bekommt“ erhielten die Besucher daneben im schwarzen und im weißen Labor. Aus nächster Nähe konnten Interessierte unter anderem das Drehspiegel-Goniophotometer des Black Laboratory zur Messung des Lichtstroms und der Lichtstärkeverteilung und andere Präzisionsmessgeräte, mit denen das DIAL arbeitet, betrachten und Wissenswertes über Lichttechnik erfahren.

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Das lichtdurchflutete Treppenhaus des DIAL. Foto: Jakob Salzmann

Lichterlebnis-Labor

Nicht minder groß war das Interesse am Lichterlebnislabor (weißes Labor), in dem ging es um flächige und akzentuierte Beleuchtung sowie die Wirkung von farbigem Licht auf farbigen Flächen ging.

Zu guter Letzt gestattete das Zentrum Besuchern auch im Bereich Software-Entwicklung einen Blick hinter die Kulissen.

Neues Video im Lichtblog

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Robert Sochacki gestaltet die Fassaden des Wiedenhofs. Foto: Jakob Salzmann

von Wolfgang Teipel

Aufgepasst –www.lichtstadt-luedenscheid.de zeigt seinen Lesern bewegte Bilder von den LichtRouten. Thomas Schielke hat dem LichtRouten-Blog eine vierminütige Video-Zusammenfassung zur Verfügung gestellt. „Es sind Schnappschüsse vom Samstagabend“, stapelt der Lüdenscheider Architekt tief. Ohne Grund: Die Bilder zeigen einen eindrucksvollen Querschnitt durch das Internationale Forum für Licht und Design. Wer sich das Video anschauen möchte, klickt hier.

Auch 2010 unterwegs

Thomas Schielke ist für das Lüdenscheider Weltunternehmen ERCO (Firmenmotto „Erco verkauft Licht, nicht Leuchten.“) tätig. Er kümmert sich um Marketing und Kommunikation. Die kleine Videoproduktion war kein Auftrag für seine Firma. Thomas Schielke war in diesem Jahr, ebenso wie 2010, ganz privat auf den LichtRouten unterwegs.

Thomas Schielke (Jahrgang 1973) hat in Darmstadt Architektur studiert. Seit 2001 ist er führt ERCO tätig. Er leitet internationale Lichtworkshops und ist unter anderem mit dem Buch „Light Perspectives – between culture and technology“ als Autor in Erscheinung getreten. Zu seinen Aufgaben zählen weiter Lehraufträge an internationalen Universitäten wie beispielsweise Harvard GSD, dem Massachusetts Institut of Technology (MIT) oder der Columbia GSAPP.

Vortrag beim Science Slam im Kulturhaus

Auch beim Science Slam am Mittwoch ist Thomas Schielke dabei. Bei dieser Veranstaltung im Kulturhaus (ab 19.30 Uhr) wird er über das Thema „Schatten. Gefällt mir.“ sprechen. Der Science Slam bietet fünf Vorträge. Sie werden auf unterhaltsame und humorvolle Art Wissen vermitteln. „Bei mir geht es unter anderem um das Thema Lichtverschmutzung“, kündigt der Lüdenscheider Architekt an.

Publikum bestimmt den Sieger

Neben ihm wird der Publikumsliebling 2012, Dr. Sascha Vogel aus Frankfurt, dabei sein. Dazu kommen Professor Dr. Rolf Larisch (Lüdenscheid), Dipl.-Ing. Dieter Polle (Lüdenscheid, Deutsches Institut für angewandte Lichttechnik) und Dr. Amitabh Banerji (Universität Wuppertal). Zum Schluss der heiteren Wissensvermittlung kann das Publikum wie beim Poetry Slam einen Sieger küren. Der Eintritt kostet 8 Euro.

 

Streifzug durch 50 Jahre Lichtkunst

Diskussionsrunde (2)

Amy Youngs, Audrey Rocher, Robert Sochacki und Detlef Hartung sprachen im Museum mit LichtRouten-Kuratorin Bettina Pelz über 50 Jahre Lichtkunst. Foto: Jakob Salzmann

von Monika Salzmann

Was war – wo steuert die Lichtkunst hin? Im Gespräch mit Künstlerinnen und Künstlern ließ LichtRouten-Kuratorin Bettina Pelz am Samstag in den Museen 50 Jahre Lichtkunst Revue passieren.

„Fifty Years of Light in Fine Arts: From Documenta III to LichtRouten 2013” war die Museumsveranstaltung vor kleinem, fachkundigem Auditorium überschrieben. Als Künstler nahmen Audrey Rocher, Amy Youngs, Robert Sochacki und Detlef Hartung am Erfahrungsaustausch teil.

Lebendigkeit ein Kriterium

Robert Sochacki

Von Robert Sochacki stammt die Installation am Wiedenhof. Foto: Jakob Salzmann

Ausgangspunkt der auf Englisch gehaltenen Diskussion war ein Zitat aus der Wochenzeitung „Die Zeit“ aus dem Jahr 1964, das sich auf die Bewegungs- und Licht-Spiele der damaligen Documenta-Künstler Agam, Goepfert, Kramer, Mack, Piene, Uecker, Soto, Bury und Tinguely bezog. „Ich bin nie sicher, ob das, was diese Leute da oben treiben, mit ‚Kunst’ zu tun hat, aber es hat mich stets ungemein gefesselt, und wenn Lebendigkeit ein Kriterium der Kunst ist, dann sind diese Dynamos und Rotoren und Objekte Kunst“, hieß es da. Mit „oben“ war das Dach des Fridericianums, wo sich die Lichtkünstler bei der Documenta III tummelten, gemeint.

Licht als Material und Medium

Was sich inzwischen getan hat in Sachen Lichtkunst, erläuterten die am Gespräch beteiligten Künstler im Detail. Spannend gestaltete sich in einem zweiten Teil der Veranstaltung der Vergleich zwischen Museen und Festivals, die sich mit Licht als Material und Medium in der Kunst beschäftigen.

Aus unterschiedlicher Perspektive – bezogen auf die Herkunftsländer der Lichtkünstler, den Anteil der Männer und Frauen, Materialien und Technologien, ortsspezifische und re- bzw. interaktive Arbeiten – betrachteten Bettina Pelz und ihre Gäste die Fragestellung.

Einstürzende Neubauten

Refik Anadol Stern-Center

Einstürzende Neubauten: So überformt Refik Anadol die Fassade an der Rückseite des Stern-Centers.

von Wolfgang Teipel

Refik Anadol  liebt die deutsche Küche. Einige Tage lang durfte der türkische Licht- und Mediendesigner in Lüdenscheid Hausmannskost genießen. Am Sonntagmorgen saß er dann schon wieder im Flugzeug auf dem Weg ins das Land von Burger King und McDonalds. Die LichtRouten-Installation des 28-Jährigen bleibt den Freunden des Internationalen Forums für Licht in Kunst und Design allerdings noch bis zum 6. Oktober erhalten.

Spiel mit der Wahrnehmung

„Und das ist gut so“, möchte man mit einem Zitat eines bekannten Berliner Regierenden Bürgermeisters betonen. „Semaphore“, von der Thünentreppe aus an der Rückseite des Stern-Centers zu sehen, ist ein bezauberndes Spiel mit der Wahrnehmung.

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Refik Anadol lebt und arbeitet in Los Angeles.

Refik Anadol, in seiner neuen Heimat Los Angeles ein Star unter den Lichtdesignern, überformt die triste Betonfassade mit einer faszinierenden digitalen Projektion. Die öden Mauern verschwinden unter freien Formen, manchmal erscheint der Beton transparent, dann wieder bewegen sich einzelne Elemente im freien Spiel. Anadol könnte die Fassade wahrscheinlich auch komplett einstürzen lassen. Mit Rücksicht auf den 20. Geburtstag, den das Einkaufscenter in diesen Tagen feiert, hat er auf solch weitreichende Aktionen verzichtet.

16 Minuten dauert die von Soundeffekten begleitete Sequenz. Im ersten Moment erscheint das vielen Besucher als reichlich lang. Dann lassen sie sich einfangen von den einstürzenden Neubauten. Mancher bleibt sogar gern länger und gönnt sich eine zweite Runde.

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Der Semaphor in der Wesermündung vor Bremerhaven wurde 1893 errichtet.

Zu Recht. Das Wechselspiel zwischen analoger Architektur und digitaler Überformung übt einen ganz besonderen Reiz aus. Etwa wie die Op-Art in den 60er Jahren. Damals erzeugten die Op-Art-Künstler mit Hilfe präziser abstrakter Formmuster und geometrischer Farbfiguren beim Betrachter überraschende oder irritierende Effekte, die die Vorstellung von Bewegung, Flimmereffekten und optische Täuschungen hervorriefen. Bekannte Op-Art-Vertreter sind Günther Uecker, Heinz Mack oder auch Josef Albers. In dieser Kunst der Täuschung liegen die Wurzeln von Refik Anadol.

Begriff aus der Informatik

„Semaphore“, der Titel des Werks, bedarf ein wenig der Aufklärung. Der Begriff ist der Informatik entnommen. Er bezeichnet eine ganz spezielle Datenstruktur. Sie verhindert, dass sich parallel laufende Prozesse gegenseitig behindern.

Die Bezeichnung Semaphor ist allerdings weitaus älter als die Informatik. So heißen in der Fachsprache die Windrichtungs- und Windstärkeweiser, die Schiffskapitänen vor dem Einlaufen in ihren Zielhafen wichtige Hinweise lieferten. Einer der bekanntesten Semaphoren in Deutschland steht noch heute in der Wesermündung vor Bremerhaven.

Gern gesehener Gast

Refik Anadols Installation ist ebenfalls wegweisend für die Weiterentwicklung in Licht- und Mediendesign.  In welche Richtung? Für den jungen Künstler aus Los Angeles auf jeden Fall immer weiter nach vorn. „Er hat ja noch so viel Zeit“, sagte eine Besucherin. In Lüdenscheid wäre er sicher erneut ein gern gesehener Gast. Übrigens Refik: Deutsche Hausmannskost gibt es ganz sicher auch bei den nächsten LichtRouten.

Spielraum für immer

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Der „Spielraum“ am Allen-Haus. Die LichtRouten-Besucher sind begeistert. Das Foto wurde www.lichtstadt-luedenscheid von dem Lüdenscheider Fotografen Lothar Borchert zur Verfügung gestellt.

von Wolfgang Teipel

Samuel Bertram Allen besitzt eine Reihe von Immobilien in Lüdenscheid. Eins seiner Gebäude sollte er besonders schmücken. Das wünschen sich Fans der LichtRouten.

Im Lüdenscheider Volksmund führt das 2009 errichtete Geschäftshaus als „Allen-Haus“ inzwischen den Namen des irischen Investors. Die Besucher der LichtRouten schwärmen von der Installation, mit der die beiden Künstler Detlef Hartung und Georg Trenz den weißen Kubus am Sternplatz bespielen.

Scharen von Fotografen

Ihr Projekt „Spielraum“ ist auf der dem Sternplatz und der dem Rathaus zugewandten Fassade zu sehen. Schon am ersten Abend des Internationalen Forums für Licht in Kunst und Design lockte es Fotografen aus der Region in Scharen. Michel Petit, Architekt aus Luxemburg, verliebte sich am Freitagabend in die Symbiose aus Lichtkunst und Architektur. „Fantastisch“, schwärmte der Mann, der für die Zeitschrift „Revue Technique“ fotografiert und schreibt. „Das Bauwerk wirkt, als sei es für diese Installation errichtet worden.“

Euros locker machen

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Detlef Hartung (links) und Georg Trenz.

Damit sprach er aus, was zahlreiche Besucher in Gesprächen durchblicken ließen. Klartext sprach ein LichtRouten-Fan, der sich gar nicht satt sehen konnte. „Der Investor sollte mal einige Euros locker machen und das Projekt Spielraum ankaufen“, meinte er.

Detlef Hartung und Georg Trenz würde es sicher freuen. „Spielraum“ lässt riesige und filigrane Schriften über das Gebäude laufen. Sie werden gedreht, verzerrt, eingefärbt und lösen sich am Ende der zwölfminütigen Schau in kleine Kreisel auf, die dann langsam von der Fassade verschwinden. Dann beginnt das Schauspiel erneut.

Der Raum begrenzt das Spiel

Spiel, Raum und Schriften – das sind die Dinge, mit denen sich Detlef Hartung und Georg Trenz intensiv beschäftigen. Spiel steht bei den beiden Männern aus Süddeutschland für Kreativität und Fantasie. Der Raum grenzt das Spiel ein. Bei den LichtRouten sind es die beiden Fassaden des Allen-Hauses.

Es steht eben nicht eben ein grenzenloser Spielraum zur Verfügung. Den Platz, den ihnen der weiße Würfel bietet, nutzen die beiden Lichtkünstler perfekt. Der Spielraum als Freiraum und Toleranz liegt ihrer Idee zugrunde. Das Spielerische wird dabei zum Leitmotiv ihres Animationskonzeptes.

Isabel macht das schon

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Kuratorin Bettina Pelz im Gespräch mit Isabel Schwagereit. Foto: Elke Teipel

von Elke Teipel

Licht und Schatten – das Team der LichtRouten, dem Internationalen Forum für Licht in Kunst und Design (noch bis zum 6. Oktober) lebt und arbeitet für und mit den Projektionen der zwanzig Künstlerinnen und Künstler in der Bergstadt. Auf einmal wird es stocke duster. Alarm in Sachen Kommunikation. Es ist ein Internationales Forum. Das Lüdenscheider „Woll“ reicht da mal nicht. Und dann kommt zwei Tage vor dem Start die Absage.

Erstmal Sprachlosigkeit

Das sorgt erstmal für Sprachlosigkeit. Die Dolmetscherin, zuständig für Verständigung beim gemeinsamen Termin von Internationaler Presse, den Künstlerinnen und Künstlern und den Promis, kann nicht kommen. Schwarzsehen gilt nicht. Ein Notruf an den Niederrhein hat Erfolg. Isabel Schwagereit springt ein. Die Übersetzerin aus Velbert sagt spontan zu. Sie freut sich und ist neugierig auf den Ausflug zu den LichtRouten. Die Diplom-Dolmetscherin ist Expertin auf dem Gebiet der Technik. Doch Licht und Lichtkunst, das ist eher Neuland. „Das ist mal etwas ganz, ganz anderes“, sagt sie.

Keine graue Maus

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Isabel Schwagereit bei der Arbeit. Foto: Elke Teipel

Als Übersetzerin, so Isabel Schwagereit, fühle sie sich oft als graue Maus im Hintergrund. Im Rampenlicht stehen andere. Konzentriert und souverän vermittelt die Frau aus Velbert in Lüdenscheid zwischen den Gesprächspartnern aus dem In- und Ausland. Die Botschaften kommen an. Wer will uns was womit sagen? Dreh- und Angelpunkt – die Frau im Hintergrund. Und die Premiere gelingt. Isabel Schwagereit freut sich. Von den LichtRouten hatte sie bis zum Anruf aus der Stadt des Lichts noch nichts gehört. Jetzt ist sie begeistert und kündigt an: „Wir kommen“. Wir, das ist ihre Familie. Ihre beiden Söhne sind echte Technikfans. Die Phänomenta kennen sie bereits. Jetzt werden alle die LichtRouten erkunden.

Auf einmal mittendrin

Kuratorin Bettina Pelz findet das super. Sie erzählt Isabel Schwagereit von den Anfängen des Events vor zehn Jahren und den Highlights. Auf geht’s ins Café. Und wie es bei den LichtRouten eben so ist: Auf einmal ist man mittendrin, von wegen graue Maus im Hintergrund…

Für Kinder mit Begleitpersonen gibt es Sonderführungen am 28.09., 2.10., 4.10. und 5.10. von 19.30 bis ca. 20 Uhr mit Erläuterungen zu ausgewählten Installationen, die sich besonders für Kinder bis zu 12 Jahren eignen. Treffpunkt: Vor dem Postgebäude, Rathausplatz 1, kostenfrei und ohne Voranmeldung. Mehr zu Terminen bei den Lichtrouten finden Sie hier.