Kunos coole Clips

Kuno 2

Das passt: Die Installation „Augen“ von Dieter Kiessling in der Post und Kuno Seltmann. Er war als Auge für die LichtRouten 2013 unterwegs. Foto: Wolfgang Teipel

von Wolfgang Teipel

Lebe lieber ungewöhnlich – der Titel des rund sechsminütigenVideo-Clips, den Kuno Seltmann gedreht hat, könnte auch für das Lebensmotto des jungen Mannes stehen. Auffällige Frisur, Piercings, orange-farbene Schuhe und ein Gesamt-Outfit, das signalisiert: Hier kommt jemand, der sieht die Welt mit anderen Augen.

Das passt zunächst so gar nicht zu der nahezu amtlichen Bezeichnung für den Job, den Kuno Seltmann bei den LichtRouten 2013 übernommen hatte. Er war zuständig für die digitale Dokumentation.

Abend für Abend unterwegs

Kuno hat nicht eine Minute des Internationalen Forums für Licht in Kunst und Design vom 27. September bis 6. Oktober in Lüdenscheid versäumt. Mit kleiner Ausrüstung (Kamera und Steady Cam Schwebestativ) war er Abend für Abend unterwegs, um seine Sicht auf die 20 Installationen einzufangen. „Mehr Ausrüstung wäre eigentlich nur hinderlich“, sagt Kuno. Klar. Wer will schon zehn Tage lang bis Mitternacht mit kiloschweren Utensilien durch die Gegend laufen.

Aura der Werke das Thema

Was hat er versucht einzufangen? In seinen Filmen wird es um die Aura gehen, die die 20 Lichtkunstwerke zehn Tage lang umgeben hat. Nur Stimmung also? „Nein, die Techniken, die die Künstler verwendet haben, sind auch wichtig. Sie werden zu sehen sein.“ Details spart der junge Mann in seinen Clips aus. „Man soll nicht unbedingt sehen können, wie die Installationen funktionieren.“ Dazu kommt: Bild und Ton werden nicht in jedem Fall synchron laufen. „Das kann durchaus kontraproduktiv sein.“

Wer war der Favorit?

Die unvermeidbare Frage: Was war Kunos Favorit? Der Mann, der sich zehn Tage lang intensiv und professionell mit 20 Lichtkunstwerken auseinandergesetzt hat, kommt ins Grübeln. „Nicht so leicht zu beantworten“, sagt er. War es vielleicht die spektakuläre Installation von Detlef Hartung und Georg Trenz auf dem Allen-Haus? Kuno Seltmann lässt den Blick zurückschweifen. Dann ist alles klar: „Mein Lieblingswerk war das ‚Orchestra Inn‘ von Robert Sochacki auf dem Wiedenhof.“ Ein wenig altmodische Bilder, ruhig vorgetragen und begleitet von coolem Club-Sound. Das passt eigentlich nicht so zum Motto „Lebe lieber ungewöhnlich“. Schön bunt war’s aber auch am Wiedenhof – genauso wie Kunos Outfit. Wer den Sound hören möchte, den Robert Sochacki für seine Installation ausgwählt hatte, findet ihn hier (Lake Powell: „More or Less“).

Kuno Seltmann: Der 24-jährige Lüdenscheider studiert an der Universität Siegen Medienwissenschaft. Im Mittelpunkt des Studiums steht die Medienforschung. Der Praxisanteil beträgt etwa 30 Prozent. Es werden die Bereiche Film, Ton und Print, wahlweise auch Web abgedeckt.

Streifzug durch 50 Jahre Lichtkunst

Diskussionsrunde (2)

Amy Youngs, Audrey Rocher, Robert Sochacki und Detlef Hartung sprachen im Museum mit LichtRouten-Kuratorin Bettina Pelz über 50 Jahre Lichtkunst. Foto: Jakob Salzmann

von Monika Salzmann

Was war – wo steuert die Lichtkunst hin? Im Gespräch mit Künstlerinnen und Künstlern ließ LichtRouten-Kuratorin Bettina Pelz am Samstag in den Museen 50 Jahre Lichtkunst Revue passieren.

„Fifty Years of Light in Fine Arts: From Documenta III to LichtRouten 2013” war die Museumsveranstaltung vor kleinem, fachkundigem Auditorium überschrieben. Als Künstler nahmen Audrey Rocher, Amy Youngs, Robert Sochacki und Detlef Hartung am Erfahrungsaustausch teil.

Lebendigkeit ein Kriterium

Robert Sochacki

Von Robert Sochacki stammt die Installation am Wiedenhof. Foto: Jakob Salzmann

Ausgangspunkt der auf Englisch gehaltenen Diskussion war ein Zitat aus der Wochenzeitung „Die Zeit“ aus dem Jahr 1964, das sich auf die Bewegungs- und Licht-Spiele der damaligen Documenta-Künstler Agam, Goepfert, Kramer, Mack, Piene, Uecker, Soto, Bury und Tinguely bezog. „Ich bin nie sicher, ob das, was diese Leute da oben treiben, mit ‚Kunst’ zu tun hat, aber es hat mich stets ungemein gefesselt, und wenn Lebendigkeit ein Kriterium der Kunst ist, dann sind diese Dynamos und Rotoren und Objekte Kunst“, hieß es da. Mit „oben“ war das Dach des Fridericianums, wo sich die Lichtkünstler bei der Documenta III tummelten, gemeint.

Licht als Material und Medium

Was sich inzwischen getan hat in Sachen Lichtkunst, erläuterten die am Gespräch beteiligten Künstler im Detail. Spannend gestaltete sich in einem zweiten Teil der Veranstaltung der Vergleich zwischen Museen und Festivals, die sich mit Licht als Material und Medium in der Kunst beschäftigen.

Aus unterschiedlicher Perspektive – bezogen auf die Herkunftsländer der Lichtkünstler, den Anteil der Männer und Frauen, Materialien und Technologien, ortsspezifische und re- bzw. interaktive Arbeiten – betrachteten Bettina Pelz und ihre Gäste die Fragestellung.

Einstürzende Neubauten

Refik Anadol Stern-Center

Einstürzende Neubauten: So überformt Refik Anadol die Fassade an der Rückseite des Stern-Centers.

von Wolfgang Teipel

Refik Anadol  liebt die deutsche Küche. Einige Tage lang durfte der türkische Licht- und Mediendesigner in Lüdenscheid Hausmannskost genießen. Am Sonntagmorgen saß er dann schon wieder im Flugzeug auf dem Weg ins das Land von Burger King und McDonalds. Die LichtRouten-Installation des 28-Jährigen bleibt den Freunden des Internationalen Forums für Licht in Kunst und Design allerdings noch bis zum 6. Oktober erhalten.

Spiel mit der Wahrnehmung

„Und das ist gut so“, möchte man mit einem Zitat eines bekannten Berliner Regierenden Bürgermeisters betonen. „Semaphore“, von der Thünentreppe aus an der Rückseite des Stern-Centers zu sehen, ist ein bezauberndes Spiel mit der Wahrnehmung.

RefikAnadol

Refik Anadol lebt und arbeitet in Los Angeles.

Refik Anadol, in seiner neuen Heimat Los Angeles ein Star unter den Lichtdesignern, überformt die triste Betonfassade mit einer faszinierenden digitalen Projektion. Die öden Mauern verschwinden unter freien Formen, manchmal erscheint der Beton transparent, dann wieder bewegen sich einzelne Elemente im freien Spiel. Anadol könnte die Fassade wahrscheinlich auch komplett einstürzen lassen. Mit Rücksicht auf den 20. Geburtstag, den das Einkaufscenter in diesen Tagen feiert, hat er auf solch weitreichende Aktionen verzichtet.

16 Minuten dauert die von Soundeffekten begleitete Sequenz. Im ersten Moment erscheint das vielen Besucher als reichlich lang. Dann lassen sie sich einfangen von den einstürzenden Neubauten. Mancher bleibt sogar gern länger und gönnt sich eine zweite Runde.

Semaphor-Bremerhaven-a26342726

Der Semaphor in der Wesermündung vor Bremerhaven wurde 1893 errichtet.

Zu Recht. Das Wechselspiel zwischen analoger Architektur und digitaler Überformung übt einen ganz besonderen Reiz aus. Etwa wie die Op-Art in den 60er Jahren. Damals erzeugten die Op-Art-Künstler mit Hilfe präziser abstrakter Formmuster und geometrischer Farbfiguren beim Betrachter überraschende oder irritierende Effekte, die die Vorstellung von Bewegung, Flimmereffekten und optische Täuschungen hervorriefen. Bekannte Op-Art-Vertreter sind Günther Uecker, Heinz Mack oder auch Josef Albers. In dieser Kunst der Täuschung liegen die Wurzeln von Refik Anadol.

Begriff aus der Informatik

„Semaphore“, der Titel des Werks, bedarf ein wenig der Aufklärung. Der Begriff ist der Informatik entnommen. Er bezeichnet eine ganz spezielle Datenstruktur. Sie verhindert, dass sich parallel laufende Prozesse gegenseitig behindern.

Die Bezeichnung Semaphor ist allerdings weitaus älter als die Informatik. So heißen in der Fachsprache die Windrichtungs- und Windstärkeweiser, die Schiffskapitänen vor dem Einlaufen in ihren Zielhafen wichtige Hinweise lieferten. Einer der bekanntesten Semaphoren in Deutschland steht noch heute in der Wesermündung vor Bremerhaven.

Gern gesehener Gast

Refik Anadols Installation ist ebenfalls wegweisend für die Weiterentwicklung in Licht- und Mediendesign.  In welche Richtung? Für den jungen Künstler aus Los Angeles auf jeden Fall immer weiter nach vorn. „Er hat ja noch so viel Zeit“, sagte eine Besucherin. In Lüdenscheid wäre er sicher erneut ein gern gesehener Gast. Übrigens Refik: Deutsche Hausmannskost gibt es ganz sicher auch bei den nächsten LichtRouten.

Endlich geht’s los

LR 2013 Cuppetelli und Mendoza

Zauberei mit Licht und Gummibändern in der alten Kuhne-Fabrik an der Nordstraße.

von Wolfgang Teipel

Die letzten Stunden vor der Eröffnung der LichtRouten sind für Kuratorin Bettina Pelz eine Qual. Äußerlich ist ihr nur wenig anzumerken. Naja, ein wenig mehr Schlaf wäre schon schön.

Sie ist witzig wie immer, schlagfertig und wirkt energiegeladen. Dennoch: Die starke innere Anspannung ist zu spüren. Bettina Pelz räumt ein: „Die letzten Stunden sind der reine Horror.“ Davon ist die 49-Jährige jetzt befreit. Nach der Eröffnung am Freitagabend tummelten sich Besuchermassen auf dem Internationalen Festival für Licht in Kunst, Design und Architektur in Lüdenscheid (noch bis 6. Oktober). Und – alles funktioniert.

Pure Poesie am Wiedenhof

„Et hätt noch immer jot jejange“, sagt der immer optimistische Kölner. Das stimmt. Auch wenn der polnische Künstler Robert Sochacki seine Installation für den Wiedenhof noch am Tag der Generalprobe sein Werk völlig umgekrempelt und bei der künstlerischen Leitung für helle Aufregung gesorgt hatte – seine Zeitreise an der Bahnhofstraße verströmte am Freitagabend pure Poesie.

Zirpen mit Speziallampe

Den Grillen, unverzichtbarer Bestandteil von Amy Youngs‘ Werk im Pavillon an der Bahnhofstraße, geht es gut. Sie sind ganz schön anspruchsvoll und zirpen nur ab einer Temperatur von 26 Grad Celsius. Und nur dann funktioniert auch die Installation der Amerikanerin. Wie sollten die Techniker das garantieren? Es gelang. Eine zusätzliche Speziallampe versorgt die Insekten mit wohliger Wärme.

LR 2013 Rainer Plum

„Das Zerfließen der Räume“ – Rainer Plums Laser im Platanenhain auf dem Rathausplatz funktionieren.

„Alles, was schief gehen kann, wird auch schief gehen.“ Dass Murphys Gesetz auch für die LichtRouten gilt, erfuhr einen Tag vor der offiziellen Eröffnung auch Rainer Plum. Einer seiner Laser in der Installation auf dem Platanenhain auf dem Rathausplatz gab den Geist auf. Ersatz war auf die Schnelle und ohne hohe Kosten nicht zu beschaffen. Die Reparatur glückte rechtzeitig. Bettina Pelz zollt dem Mann aus Aachen ihren Respekt. „Es hat sich ausgezahlt, dass Rainer Plum an jedem Abend in der Vorbereitungszeit vor Ort war“, sagt sie. Selbstverständlich sei das keinesfalls.

LR 2013 Klaus Obermaier

Die Knapper Schule tanzt: Klaus Obermaiers Installation „Dancing House“.

Alles, nur keine Routine

Für niemanden aus dem Team oder aus dem Kreis der Künstlerinnen und Künstler sind die LichtRouten Routine – auch wenn die Veranstaltung inzwischen in der siebten Auflage (seit 2002) zu sehen ist.  Alle arbeiten mit voller Kraft für dieses Festival des Lichts. Das spüren die Besucher und lassen es das Team auch wissen. „Ein wunderbarer Abend“. So verabschiedete sich ein Ehepaar aus Schalksmühle nach dem Besuch der Veranstaltung. Das bedeutet mehr als nur Balsam für die Nerven der angespannten Bettina Pelz.

Hinweise auf die Führungen sowie die zuätzlichen Veranstaltungen im Rahmenprogramm der LichtRouten finden Sie hier

Sechs scharfe Schnitte

DSC_0292

Die Insta-Fassade während der LichtRouten: Sechs LED-Lichtlinien in an- und abschwellenden luminiszierenden Grün- und Blautönen zerteilen das Gebäude.

Von Wolfgang Teipel

Tobias Link führt Natur und Technik zusammen. Wie das der Saarbrückener Lichtdesigner macht, ist während der LichtRouten 2013 vom 27. September bis 6. Oktober am neuen Lagergebäude von Insta auf der Hohe Steinert zu sehen.

Noch befindet sich die neue Halle, die ersten im nächsten Jahr ihrer Bestimmung übergeben wird, im Bauzustand. Der Innenausbau läuft. Die dunkle Fassade des 50 Meter langen, 30 Meter breiten und 18 Meter hohen Kubus erscheint aber schon perfekt. Veredelt wird das vom Lüdenscheider Architektenbüro Team MTT konzipierte Gebäude von dem Mann aus Saarbrücken. Der Lichtdesigner hat die Fassade mit sechs farblich gestalteten LED-RGB Lichtlinien zerteilt und ihr so einen besonderen Charakter verliehen.

Entspannende Wirkung

„Faszinierend“, so beschreibt Insta-Manager Michael Ashauer den Anblick, auch wenn Tobias Link für das faszinierende Phänomen des Nordlichts eine grafisch stark vereinfachte, künstlerische Interpretation gewählt hat. Die scharf konturierten wechselnden Farbverläufe mit anschwellenden lumineszierenden Grün- und Blautönen, ziehen Michael Ashauer seit einigen Tagen in den Bann. „Wenn man sich eine Weile darauf einlässt“, sagt er, „üben sie eine eigentümliche entspannende Wirkung aus.“

Tobias Link (1)

Tobias Link bei der Bearbeitung seiner Arbeit „Fuchsfeuer“.

Magisches Licht

Magie ist das Stichwort. Der Saarbrückener Lichtdesigner, der seit Jahren eng mit Insta zusammenarbeitet, ist ein besonderer Fan des Polarlichtes. „Daran habe ich gleich gedacht, als ich von Insta auf ein LichtRouten-Projekt angesprochen wurde“, berichtete er in einer Video-Konferenz. Zudem habe er bei seinen Besuchen auf der Hohe Steinert festgestellt, dass das Unternehmen im Norden Lüdenscheids liege. Das lieferte ihm schließlich den entscheidenden Impuls. „Die LED-Technik (light emitting diode) liefert so viele Möglichkeiten, auch äußerst filigrane Installationen zu entwerfen“, schwärmt er von den neuen Leuchtmitteln.

Funken schlagender Fuchsschwanz

Mit dem Namen für sein Werk bringt er neueste Technik und eine alte Sage der Samen zusammen. Die Bezeichnung „Fuchsfeuer“ beruht auf Erzählungen des arktischen Volkes, in der der Fuchs durch die arktischen Gebiete zieht und dabei den Schnee aufwirbelt. So erleuchtet er den Himmel mit seinem Funken schlagenden Schwanz.

In der nüchternen technischen Beschreibung liest sich das so:

Installation: Lineare Fassaden-Lichtlinien an drei Gebäudeseiten;

Produkt: Fassadenlichtlinie instalight 4010 in RGB-Ausführung von Insta. Mit Microline Optik, sechs Linien. Jede Linie ist im Rasterabstand von 324 Millimeter farblich ansteuerbar.

Pixel: Insgesamt mehr als 900 einzeln ansteuerbare Pixel.

Steuerung: mittels instalight LEDTRIX und dem Lichtsystem instalight Control.

So veredelt Insta seinen eigenen Neubau durch eine Fassaden-Licht-Installation. „Die Arbeit von Tobias Link dient selbstverständlich auch dazu, dass sich Insta-Kunden vor Ort die Licht-Installation anschauen und sich davon überzeugen können, was moderne LED-Technik heute zu leisten vermag“, sagt Michael Ashauer. Die Einladung des Unternehmens gilt übrigens nicht nur Kunden.

 

Grillen zirpen am Bahnhof

Amy Holodeck 3

So ähnlich wird die künstliche Welt aussehen,die Amy Youngs für die Grillen schafft.

Das wird spannend. Die Amerikanerin Amy Youngs zeigt bei den LichtRouten vom 27. September bis 6. Oktober  in der ehemaligen Ladenzeile am Bahnhof eine Variation ihres „Encounters of a Domestic Nature“. Bringt sie die Grillen mit? Wer kümmert sich außerhalb der Öffnungszeiten des internationalen Forums für Licht in Kunst und Design um die Insekten? Was werden sie fressen? Wer besorgt die Nahrung für die Gryllidae (lateinische Bezeichnung)? Die Beantwortung dieser Fragen ist nahezu so spannend, wie die Installationen der Amerikanerin.                                                                                                                                                            

Produktive Kreisläufe

Amy Youngs

Amy Youngs‘ Grillen zirpen am Bahnhof.

Amy Youngs’ Werke sind ästhetisch-technische Versuchsanordnungen. Zu ihren Materialien gehören Alltagsgegenstände, Pflanzen und Tiere, mechanische Wirkmechanismen und kinetische Bezüge. Für manche Arbeiten entwickelt sie Schnittstellen zwischen analogen und digitalen Materialien und Medien. Es entstehen selbstreferentielle Systeme und produktive Kreisläufe, die sie in Skulpturen und Installationen zeigt.

Nur die Männchen zirpen

Die LichtRouten-Installation ist eine Variation des „Holodecks für Grillen“, die Amy Youngs schon 2005 realisierte – kleine künstliche Landschaften mit digital simulierter Natur. Die Grillen, die sie bewohnen, können die Landschaftsbilder aktivieren, wenn sie zirpen. Übrigens wohnen in den künstlichen Landschaften nur männliche Grillen. Nur sie sind nämlich aufgrund ihrer besonderen Strukturen auf den Flügeln fähig zu zirpen. Für die Lüdenscheider Variante können die Besucher/innen vor eine Kamera in einer „Blue Box“ treten und Teil einer Live-Dokumentation vom „Holodeck für Grillen“ werden.

Konflikte zwischen Natur und Kultur

Amy Youngs untersucht in ihren Collagen von synthetischen, natürlichen, tierischen und menschlichen Materialien das konfliktreiche Verhältnis, das die Kultur zur Natur entwickelt hat. „Mein persönlicher Ausgangspunkt war ein neunjähriges Experiment, in dem ich eine spezielle Art von Bühnenkaninchen züchtete“, berichtet Amy Youngs. Sie ging der Obsession eines „perfekten Kaninchens“ nach und hatte das Gefühl, dass sie die natürliche Welt tatsächlich verändern könnte. „Es war ein sehr starkes Gefühl; und dennoch, die Tatsache, dass ich diese Kaninchen nach einer menschlichen Idee veränderte, war zugleich beunruhigend. Teil der selektiven Zucht ist auch die „Nicht-Auswahl“ vieler Tiere. „Vor vielen Jahren gab ich diese Kaninchenzucht auf, aber mein Interesse, einen idealen Naturzustand durch technische Kontrolle erlebbar zu machen, ist geblieben.“

Amy Youngs‘ Arbeit bezieht die Betrachter/innen auf visueller, taktiler und auditiver Ebene mit ein, um einen Dialog über die Beziehung von Technologie, dem sich verändernden Naturbegriff und dem Menschen selbst zu initiieren. „Dass Technologie gleichzeitig ruinieren und offenbaren, neu erfinden und reparieren kann, ist das Paradoxon, um das meine Arbeit kreist.” In der künstlichen Welt für die Grillen wird dieser Widerspruch erlebbar.

Aktuelle Informationen zum Internationalen Forum für Kunst und Design gibt es auch auf der Facebook-Fansite der Lichtrouten.

 

LichtRouten werden lebendig

Gothaer Haus

Hans Moskob beobachtete mit seiner Kamera den Probelauf im Innenhof des Gothaer Hauses.

von Wolfgang Teipel

Wenn es dunkel wird in Lüdenscheid, werden die LichtRouten lebendig. Die ersten Tests vor der Eröffnung des Internationalen Forums für Licht in Kunst und Design vom 27. September bis 6. Oktober laufen. www.lichtstadt-luedenscheid.de zeigt exklusiv ein Bild vom Probelauf aus dem Innenhof des Gothaer Hauses. Am Freitagabend beobachtete Hans Moskob aus seiner Wohnung an der Knapper Straße, wie die ersten Arbeiten des Künstlers Quayola über die Wand des Gebäudes flimmerten. Das Foto stellte er www.lichtstadt-luedenscheid.de zur Verfügung. Auch an der Stirnseite des Hochschulgebäudes an der Bahnhofsallee wurde eifrig geprobt. Und auf dem Parkplatz des Kunststoff-Institutes und in der Post war das LichtRouten-Team ebenfalls unterwegs.

Quayola

Quayola wurde 1982 in Rom geboren. Er lebt und arbeitet in London.

Davide Quayola, der unter dem Markenzeichen Quayola firmiert, wird die LichtRouten-Besucher im Innenhof des Gothaer Hauses mit einer Arbeit überraschen, bei der die Grenzen zwischen Film, Design und Kunst zerfließen. Fotografie, Film, Software-Programmierung, audiovisuelle Performances und interdisziplinäre Arbeitsformen sind Teil seiner künstlerischen Praxis.

„Strata“-Serie

Beispielhaft sind die Projektionen der “Strata”-Serie. Ausschnitte aus dieser Serie wurden eigens für die LichtRouten in Lüdenscheid zusammengestellt.  Quayola zerlegt Kunst- und Architekturwerke, beispielsweise Kirchenfenster, in geometrische Formen. Es entstehen geometrische Ensembles, vergleichbar dem Kubismus.

So überträgt Quayola die Logik des Blicks und es entstehen zwei- oder dreidimensionale, digitale Zeichnungen und bewegte Visualisierungen, die den analogen Bild- oder Architekturaufbau als dynamisches Formgefüge wiedergeben. In videobasierten Collagen inszeniert er den Übergang von der analogen in die digitale Dimension als einen Prozess, in dem einander scheinbar wesensfremde Realitäten miteinander verwoben werden.

Besondere Form des Mapping

Es handelt sich um eine besondere Art des Mapping (Überformung), bei dem die gemappten Bilder losgelöst vom Herkunftsort zu einer eigenständigen Form werden. Damit arbeitet Quayola so ganz anders als beispielsweise Klaus Obermaier oder Refik Anadol. Bei ihnen verschmelzen digital verfremdete Fassaden mit den realen Gebäuden.

 

 

Onkel Willi riesengroß

Onkel Willi

Auch dieses Bild von Claudia Ackermann wird während der Aktion „Paint Your City“ zu sehen sein.

von Wolfgang Teipel

„Die Kunst der Projektion“ – auch  Onkel Willi und Felix, eins der Lüdenscheider Wahrzeichen, werden sie erleben. Die Kiersper Malerin Claudia Ackermann hat ein Gemälde für die Aktion „Paint Your City“ eingereicht. Sie nennt es „Onkel Willi“ und zeigt einen Teil der von Waldemar Wien geschaffenen Skulptur. Die Bronzestatue steht seit 1978 vor der Gaststätte „Hulda am Markt“, exakt auf dem Platz, der bis 1938 dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal vorbehalten war.

Riesige Bilder

Für die Aktion „Paint Your City“ können Lüdenscheider und Menschen aus der Region Bilder, Zeichnungen und auch Videoclips einreichen. Sie werden während der LichtRouten vom 27. September bis 6. Oktober (Motto „Die Kunst der Projektion“) auf die Stirnseite der Fachhochschule an der Bahnhofsallee projiziert. Immerhin in einer Größe von 9 x 12 Metern. Onkel Willi riesengroß.

Claudia Ackermann

Die Kiersper Malerin Claudia Ackermann.

Der aus Dortmund stammende Bildhauer Waldemar Wien hat an vielen Plätzen in Lüdenscheid und in der Region seine Spuren hinterlassen. Dass Onkel Willi mit Hut, Zigarre und Hund Felix seinen Platz vor Hulda am Markt  einnehmen konnte, ist Spenden der Stadtwerke Lüdenscheid sowie den Unternehmen Erco und Rothmann Immobilien zu verdanken.

Claudia Ackermann hat eine besondere Beziehung zu Onkel Willi. Ihr Onkel Willi stand in Wiens Kiersper Atelier Modell für den Mantel. Vorlage für die Skulptur war ein ehemaliger Prokurist des Kiersper Chemie-Unternehmens Kuhbier. Auch er hieß witziger Weise Willi.

Ruhm als Freiheitskämpfer

Onkel Willi wurde nicht nur zu einem der Lüdenscheider Wahrzeichen. Er erlangte ebenfalls einen gewissen Ruhm als Freiheitskämpfer. In der Diskussion um den NATO-Doppelbeschluss, der vorsah, ab 1983 auch in Deutschland Pershing-Raketen zu stationieren, pappte die Lüdenscheider Friedensgruppe Onkel Willi ein Protestplakat auf den Bauch. „Der Hund und auch der Opa woll’n Frieden in Europa“, texteten damals die Protestler. 2007 erschien dann Onkel Willi mit dem Banner auf dem Titelblatt der Zeitschrift „Wissenschaft & Frieden“.

Wer sich an der Aktion „Paint Your City“ beteiligen möchte, kann Bilder, Zeichnungen oder Videoclips einreichen, die zeigen, was ihn mit Lüdenscheid verbindet.

Per E-Mail: denkfabrik@lichtrouten.de
Per Post: Koordinierungsbüro der LichtRouten c/o Lüdenscheider Stadtmarketinggesellschaft, Mathildenstraße 20, 58507 Lüdenscheid
Persönlich: Koordinierungsbüro der LichtRouten c/o Lüdenscheider Stadtmarketinggesellschaft, Lutherstraße 9, 58507 Lüdenscheid. Öffnungszeiten: Mo-Do 9.00 bis 17.00 Uhr und Fr. 9.00 bis 15 Uhr, Tel. 02351/ 1064-234

Weitere Informationen zu den LichtRouten 2013 sind auch auf der Fan-Seite der Veranstaltung zu finden:

Drei Wörter sorgen für Aufsehen

DSC_0540

Ein Vorgeschmack auf die Installation am Allen-Haus. Foto: Wolfgang Teipel

von Wolfgang Teipel

Ein einziges Wort sorgte in Jerusalem für großes Aufsehen. Detlef Hartung und Georg Trenz projizierten in Englisch, Hebräisch und Arabisch „Light“ auf die alte Stadtmauer von Jerusalem. Rund 300 000 Besucher sahen vom 5. bis 13. Juni 2013 das Lichtspektakel auf dem historischen Gemäuer. In Lüdenscheid haben die beiden Lichtdesigner ein hochmodernes Gebäude für ihre Installation ausgewählt. Sie spielen mit dem 2009 fertiggestellten „Allen-Haus“ am Sternplatz.

Und das gleich im doppelten Wortsinne. „Spiel Raum Stadt“ – diese drei Begriffe werden in ungezählte Variationen über die Fassaden des weißen Würfels flimmern und zum Gedankenspiel über das haus und seine Umgebung anregen. Dazu kommt eine Besonderheit: Bei den LichtRouten 2013 vom 27. September bis zum 6. Oktober präsentierten Hartung und Trenz ihre erste Farbarbeit.

Visuelle Poesie

jerusalem010

Die Arbeit „Light“ auf der historischen Stadtmauer von Jerusalem.

Beide sind inspiriert von der visuellen Poesie des Hörfunkautors Ferdinand Kriwet. Er überraschte in den 1960er Jahren das Publikum mit seinen „Sehtexten“. Hartung und Trenz arbeiten seit 1998 mit Text und Licht. Wie bei „Light“ in Jerusalem, wo sich die ständig wandelende Schrifttextur mit der faszinierenden Struktur der alten Stadtmauer vermischten, so wird die Fassade des Allen-Hauses  mit den leuchtenden Begriffen „Stadt Spiel Raum“ eine strahlende Einheit bilden. Hartung und Trenz regen so zum Nachdenken über die Lesbarkeit der Dinge und über das Licht als ihre Grundvoraussetzung an.

Interpretation von Wahrnehmung

„Seit nahezu 20 Jahren beschäftigen wir uns mit dem Verhältnis von Wort und Bild, den beiden wichtigsten visuellen Möglichkeiten, Wahrnehmung zu interpretieren und zu archivieren“, heißt es auf ihrer Homepage. Ort und Licht bilden bei Hartung und Trenz immer eine Einheit. Ein Beispiel: Ende Juni projizierten sie die Worte „Ave Maria“ in den Altarraum der Kirche des Klosters Fürstenfeld.

Hoher technischer Aufwand

Die beiden Lichtdesigner arbeiten mit hohem technischen Aufwand. Für ihre erste Installation verwendeten sie im Jahr 1998 immerhin 62 Dia-Projektoren. In Jerusalem verzauberten sie das Publikum mit einer Vier-Kanal-Videoinstallation, vier LED-Projektoren und vier Mediaplayern.

Mit ihrer Arbeit am „Allen-Haus“, benannt nach dem irischen Investor Burt Allen,  erfüllen Hartung und Trenz ein wesentliches Merkmal der diesjährigen Lichtrouten. Noch nie zuvor in der zehnjährigen Geschichte des internationalen Forums für Licht in Kunst und Design gab es ein so hohes Maß an Arbeiten, die eigens für die LichtRouten entwickelt worden sind oder so nur in Lüdenscheid zu sehen sein werden.

Führungen mit viel Herzblut

Foto Assistenzen

Die LichtRouten-Assistenzen sind an allen Tagen dabei. Sie haben jede Menge Informationen im Gepäck.

Sie kennen sich aus mit den Installationen und Künstlern der Lichtrouten 2013. Seit Monaten bereitet sich das Team der Assistenzen mit viel Engagement auf seine Aufgaben als Standortbegleiter und Gästeführer vor. Dem Aufruf der Lichtrouten-Veranstalter waren wieder viele Lichtrouten-Enthusiasten aus Lüdenscheid und Umgebung gefolgt. Rund 50 Frauen und Männer gehören inzwischen dazu und werden während der Lichtrouten im Einsatz sein, teilt das Organisationsbüro der LichtRouten 2013 mit.

Festival größer als je zuvor

Seit Monaten setzen sie sich unter Anleitung von Kuratorin Bettina Pelz mit den Künstlern, den Installationen, der Geschichte des Festivals und der Lichtkunst auseinander. In diesem Jahr ist das Lernpensum besonders hoch, da die Lichtrouten 2013 mit ihren 20 Installationen von internationalen Lichtkünstlern und Designern einen größeren Parcours durch die Innenstadt Lüdenscheids bieten als je zuvor. „In den vergangenen Jahren haben wir sehr gute Erfahrungen mit den Assistenzen gemacht. Sie haben den Gästen mit viel Herzblut und Engagement die Lichtinstallationen nahe gebracht. Ich bin überzeugt, dass es auch in diesem Jahr wieder so sein wird“, so Jörg Marré, Geschäftsführer des Lüdenscheider Stadtmarketings. Die Gäste der Lichtrouten können sich in jeden Fall schon auf viele Hintergrundinformationen an den Standorten und abwechslungsreiche Führungen zu den Lichtrouten freuen.

Viele Hotels schon ausgebucht

Die Lichtrouten 2013 in Lüdenscheid erfreuen sich schon jetzt, neun Tage vor Beginn der Veranstaltung, sehr großer Beliebtheit. Das spiegelt sich unter anderem in den Buchungen der Hotels wider. Alle Hotels in direkter Umgebung des diesjährigen Ausstellungsparcours sind am Eröffnungswochenende restlos ausgebucht. Dort haben sich nicht nur zahlreiche Künstler und Techniker einquartiert, auch viele Fachjournalisten und Gäste logieren zwischen dem 27. September und dem 6. Oktober dort. Für Besucher, die noch einen Kurzurlaub zu den Lichtrouten Lüdenscheid planen, ist aber noch nicht zu spät. In Hotels, die nur wenige Kilometer vom Veranstaltungsgebiet der Lichtrouten entfernt liegen, gibt es noch freie Zimmer.

Bei der Suche nach Unterkünften kann folgender Link hilfreich sein: http://www.tourismus.meinestadt.de/luedenscheid/hotel